Die spinnen, die Schweizer, würde mein Freund Obelix ausrufen, wäre ihm dies eidgenössische höchstrichterliche Urteil zu Ohren gekommen: es geht juristisch in Ordnung, wenn ein Polizist dieser Musterdemokratie einen Flüchtling vor seinen Mitbürgern einen „Drecksasylanten“ schimpft.
Damit geht ein Rechtsstreit zu ende, der seit sieben Jahren anhängig war. Um Rassendiskriminierung handele es sich nicht, urteilen Wilhelm Tells Oberrichter. Weder Rasse, noch Ethnie noch Religion des Beschimpften seien von dem Schutzmann in den Schweizer Dreck gezogen worden. Und Beleidigungen ohne nähere Personenbeschreibung, einfach nur unter Nennung eines ausländerrechtlichen Status gehen im rauen Alltag in Ordnung. Da dürfen dem Schupo schon mal die Nerven durchgehen, ist ja menschlich.
Nun will ich mal darauf vertrauen, dass die Schweizer Basisdemokratie mit ihrer Fähigkeit zur Selbstkorrektur dieses Skandalurteil nicht vergessen und es aufarbeiten wird.
Wir werden genug damit zu tun haben, den Weg dieses hirnrissigen Urteils in die heimische Anti-Flüchtlings-Agitation zu beobachten und Schindluder gegebenenfalls kleinlich anzuzeigen. Wer kann dumpfe Neonazis oder ihre studierten Vordenker daran hindern, im Stile der Dokumentation, des unschuldigen Zitats, den Schweizer Freibrief für absichtsvolle Beleidigungen von Flüchtlingen bei uns unter die Leute zu bringen? Welche verletzenden Kombinationen mit den Worten Flüchtling oder Asylant ließen sich noch alle bilden, ohne auf Rasse, Ethnie oder Religion zu sprechen zu kommen? Da ist „Drecks-“ ja nur eine von vielen Möglichkeiten. Und bis mindestens ein Landgericht mal festgestellt hat, dass Deutschland nicht die Schweiz ist, werden die braunen Herren Verbotsirrtum und was weiß ich sonst für sich in Anspruch nehmen.
Wer sein Leben weitgehend in der Gerechtigkeits- und Friedensarbeit verbracht hat, weiß, was wir Schweizer Bürgerinnen und Bürgern und ihren Nichtregierungsorganisationen zu verdanken haben.
Eine stolze Liste von Impulsen und Handlungsmodellen seit mindestens 40 Jahren. Aber manchmal spinnen sie auch, die Schweizer.