Diese Woche haben wir es dem Herrn Putin endlich gegeben! Ach, Sie haben das gar nicht mitbekommen? Ich beinahe auch nicht. Wäre ich nicht rechtzeitig vom Pinkeln vor den Fernseher zurückgekehrt. Da lief gerade ein Filmschnipsel vom protokollarischen Dienstbeginn der schnellen NATO-Reaktionstruppe gegen künftige Ausfälligkeiten des rötlichen Zaren. Deutsche und holländische Kommandeure schreiten in einer Turnhallen-ähnlichen location eine kleinere Gruppe Untergebener ab.
Fünftausend Soldaten, die Deutschen vorneweg, sollen künftig auf gepackten Rucksäcken sitzen und auf die Schnelle Posten beziehen, wenn sich an den Grenzen der osteuropäischen NATO-Mitglieder Beängstigendes tut. Allein die Ankündigung soll den russischen Bären in Schach halten.
Als Ungedienter muss ich zum militärischen Sinn und Verstand dieser Maßnahme kein Gutachten abgeben. Aber über Geschichte und über Sprache habe ich dafür manches gelernt. Eine kriegerische Koalition mit Front gegen Russland mit deutschem Leithammel, das hatten wir erst kürzlich, vor zwei Generationen. Einige Oberleutnants von damals sind heute hoch geehrte Greise unserer Gesellschaft. Klar, man kann das mörderische Hakenkreuz von damals nicht mit der Kompassrose der NATO vergleichen. Weiß ich doch! Aber wissen das auch alle Bürgerinnen und Bürger der Russischen Föderation? Vor allem, fühlen sie das auch, wenn sie die Nachricht von den schnellen Fünftausend unter deutschem Kommando in der Darreichungsform der russischen Staatsmedien erfahren?
Dafür, dass sie diese Zwischenmeldung aus dem aktuellen Ost-West-Machtkampf ziemlich gewiss in den falschen Hals bekommen, sorgt der Propagandaname des Unternehmens „Spearhead – Speerspitze“. Ich denke, ich höre nicht richtig! Ein Bildwort mit hohem Aggressionspotential seit den Tagen der Steinzeit. Die Speerspitze versetzt den tödlichen Stoß – dem Mammutbullen, oder gern auch dem menschlichen Feind. Ein Begriff, der zu Hitlerscherschen Blitzkriegsphantasien gepasst hätte. Ich hoffe sehr, dass es kein deutscher NATO-Militär war, der diesen irren Kampfbegriff aus der Schublade gezogen hat. Das unterstellt, bleibt unbegreiflich, dass kein deutscher Soldat oder Politiker den NATO-Kumpanen erklärt hat, dass eine maßgeblich von Deutschen gestellte Beruhigungs-Truppe nie und und nimmer als „Speerspitze“ daher kommen darf.
Bleibt mir nur die Bitte an unsere Verteidigungsministerin, Haushaltsmittel zur Finanzierung einer Historikerin und eines Linguisten im NATO-Hauptquartier bereitzustellen. Sonst könnten ein paar blinde Flecken im Geschichtsbild und Missgriffe bei der Wortwahl die Sache schlimmer machen, als sie sowieso schon ist.