Inzwischen, das verrät mit der Anzeigentext, hat es die GEPA an ihrem Geburtsort Wuppertal so gar zu einem eigenen Straßennamen gebracht. Nicht jedes Unternehmen, das gerade mal 40 Jahre im Handelsregister verzeichnet ist, darf sich mit so einem Werbeklunker zieren. Aber die GEPA ist ja auch nicht irgendwer. Das wissen wir Alten, die wir seinerzeit in der alten Bundesrepublik dieses Instrument des Fairen Handels herbei gewünscht und sein Zustandekommen nach Kräften gefördert haben, als Mitdenkende, Lobbyisten, Kunden, Gremienleute, Streithähne.
So kann ich denn auch bezeugen, dass die 40 Jahre, die da jetzt gefeiert werden, nicht die ganze Geschichte sind. Von den Internationalismus-Debatten der 68er-Studenten mit ihren ungezählten kaum verstehbaren verbalen Stolpersteinen waren wir ziemlich genervt. Wir suchten nach Wegen, den Ruf nach dem, was wir heute die wirtschaftlichen und sozialen Menschenrechte nennen, endlich sinnlich erlebbar zu machen.
Von den Holländern konnten wir lernen. Und so fuhren wir einige Jahre lang an die Grenze. Direkt auf der anderen Seite, in Kerkrade, hatte die junge niederländische Fair-Handels-Organisation ihr Hauptquartier und verkaufte gern auch an „Moffen“ aus dem Ruhrgebiet. Kaffee war, was er immer geblieben ist: das Leuchtturmprodukt des aufkeimenden Fairen Handels. Seine schicksalhafte Bedeutung für die kleinbäuerlichen Produzenten und seine unerschütterliche Rolle in unseren Lebensgewohnheiten garantierten dafür.
Dass es seine Zeit brauchte, bis Fair Handels-Mutter GEPA endlich im heutigem rechtlichen Gewand die Bühne betrat, beweist meine orange-farbene Indio-Kaffee-Blechdose, einst gefüllt mit 500 gr Hochlandkaffee aus Guatemala. Ihre Beschriftung enthält noch reichlich Informationen, die für die spätere, nun 40jährige GEPA nicht mehr zutreffen.
Da Kaffee immer ein Exempel meiner Eine Welt-Bildungsarbeit geblieben ist – was gibt es auch Handfesteres? – ist die Dose weit herum gekommen; je älter sie wurde, um so weiter. Seit 2002 vornehmlich im Stammland von „Erichs Krönung“, zwischen Magdeburg und Stralsund, angefüllt mit manchen neuen deutschen politischen Kaffeegeschichten. Tausend Einsätze, tausendfünfhundert, in 40 Kaffeejahren wohlgemerkt? Und dabei hat sie selbst einen drohenden Totalverlust glimpflich überstanden: in einem liegen gelassenen Rücksack in der Bahn von Dresden nach Magdeburg.
So gar zum Namenspatron eines hippen Jugendcafés hat es die Proto-GEPA-Kaffeedose gebracht: „Indio-Kaffee bei Alfredo“ hieß das Etablissement in Herne, Ruhrgebiet – nach einem Besuch des gleichnamigen Managers der guatemaltekischen Kleinbauernkooperative. Die jugendlichen Kaffeefans von damals haben inzwischen solides Großelternalter erreicht. „Bei Alfredo“ lebt nur noch in manchen „Weißt-du-noch-Erzählungen.“
Der globale Kaffeemarkt vom Erzeuger bis zum Verbraucher ist einer der Testfälle für Gerechtigkeit als alltägliche Handlungsoption geblieben. Und die 40jährige GEPA versucht, so hoffe ich, weiterhin zeitgemäß auf diesem Feld zu agieren. Auch die Kirchen als Großverbraucherund GEPA-Beteiligte arbeiten sich unverändert daran ab.
Aber Kaffee war nicht alles, damals, als die nagelneue GEPA-Idee unsere politische Phantasie beflügelte. GEPA, das erwies sich im Handumdrehen als vielseitiges, und vor allem demokratisches, partizipatorisches Lernprogramm – für Lobbyisten, Multiplikatoren und Kunden gleichermaßen.
Angefangen beim Naheliegenden: Fairer Lohn statt Almosen! Wie oft haben die Ehrenamtlichen in den ersten GEPA-bestückten Eine Welt-Läden noch gegen die Basar-Mentatlität vieler Kunden angehen müssen! Bis hin zu der Entscheidung, Spendendosen grundsätzlich von der Theke zu verbannen. Sogar den Laden-Namen „Weltmarkt“ durfte man einst als politisches Statement verstehen.
Welches Menschenbild vermittelt ein Sortiment? Gerade irrationale Verkaufserfolge mancher kunstgewerblicher Kleinigkeiten haben GEPA-Leute und Multiplikatoren bald zweifeln lassen: kann faire und zukunftsfähige Partnerschaft gedeihen auf dem obersten Kamm modischer Konsumwellen? In welche Fallen locken wir damit die produzierenden Gemeinschaften=?
Ist Umsatz lediglich Mittel zum Zweck bewusstseinsbildender Information oder eine Notwendigkeit im Interesse der Produzenten? Die ideologischen Bekenntnisschlachten hierzu waren heftig und nicht selten rechthaberisch.
Bald half die noch sehr jugendliche GEPA uns und buchstäblich der ganzen alten bundesrepublikanischen Gesellschaft, erstmals ein alltägliches Öko-Thema nachhaltig aufs Korn zu nehmen. „Jute statt Plastik“ mit den Jute-Einkaufsbeuteln aus Bangladesh als nahezu allgegenwärtigem Signal hat Millionen Leuten einen ersten umweltpolitischen Floh ins Ohr gesetzt.
Als es gar zu kuschelig, aber eben auch all zu eng zu werden drohte in den ehrenamtlichen Läden und Basaren, hat die GEPA Mut gemacht zum Brückenschlag des Fairen Handels in den allgemeinen Handel. Die Entwicklung und Durchsetzung der Siegel des Fairen Handels gehört hier her, samt ihren Wendungen bis heute – und nicht zu vergessen – die Etablierung des zeitgemäßen öko-fairen Standards. Heute kennzeichnet er den wesentlichen Teil der Sortimente von GEPA und Gleichgesinnten.
Meine langen Jahre als Gremienmensch, Aktivist, Kenner des Kleingedruckten bei der GEPA, darf ich auf sich beruhen lassen. Eine neue Generation brütet vermutlich über Konzepten, die ich wohl nicht mehr studieren werde. Aber eines, das wünsche ich mir und der unter manchen Turbulenzen längst erwachsenen gewordenen GEPA denn doch:
dass sie auch künftig nicht diese raffinierte Geschicklichkeit einbüsst; die Geschicklichkeit, mit der sie Menschen wie dich und mich an ein erstes Praktikum in globaler Gerechtigkeit herangeführt hat, sinnlich und handgreiflich. Die Gerechtigkeit, die man sogar riechen kann, die „mit dem Aroma der Gerechtigkeit.“