Heiligabend, 24. Dezember 2009
„Und es waren Hirten in derselben Gegend. Die hüteten des Nachts ihre Herden.“
(Lukas 2,8)
Nachtschicht. Ein Wort, bei dem Gewerkschafter hellhörig werden. Harte Arbeit. Eigentlich sind wir Tagwesen nicht dafür geschaffen. Gefährliche Arbeit. Das verraten nicht nur heutige Unfallstatistiken. Auch in jener Nacht, die nun die „Heilige“ heißt, war das nicht anders. Wobei ich vermuten möchte, dass hungrige Wölfe die geringere Gefahr darstellten – verglichen z.B. mit den Überfällen von Viehdieben.
Nachtschicht beim Vieh, Nachtschicht in der Tankstelle, im Krankenhaus, in der Reparaturschicht, im Taxi, beim Kind, am Kontrollpult, bei der Telefonseelsorge. Nachtschicht, das ist das Gegenteil von Familienfeier – das ist harter Alltag, Lebenskampf. Nachtschicht, harter Alltag, das ist der Ort, an dem Gott uns abholt. Uns, nicht anders als die Hirten. Harter Alltag, das ist der Ort, an dem mit Gott gerechnet werden muss. Gott ist so frei. Er muss nicht darauf warten, bis wir zuvor den Weg in eine christliche Gemeinde finden; dass wir zu beten anfangen oder gar die Bibel aufschlagen. Das mag, das soll später kommen.
Aber für dich, für mich gilt: jede Stunde ist Gottes Stunde. Es gibt keinen gottlosen Alltag – und irgendwo daneben die Kirche. Gott sucht sich aus, wann er zu dir sprechen will, am Tag oder in einer Nacht. Er sucht sich aus, ob das eine Begegnung mit Menschen sein wird, ein Bild, eine Nachricht, ein Lied, ein Schmerz, eine Freude, etwas Privates oder etwas Öffentliches, etwas scheinbar Frommes oder etwas scheinbar ganz Weltliches – was auch immer.
Die nichts ahnenden Hirten bei ihrer Nachtschicht: sie sind ein Jawort, eine Ankündigung unseres Gottes an alle, die sich im Alltag sehnen nach Anerkennung, Liebe, Hoffnung, Vertrauen. Gott wird seine Stunde wählen in deinem Leben. Freue dich darauf!