Heiligabend, 24. Dezember 2013
„Es begab sich aber zu der Zeit, daß ein Gebot vom Kaiser Augustus ausging, daß alle Welt geschätzt würde, und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, als Quirinius Statthalter in Syrien war.“
(Lukas 2,1-2)
In heutigem Umgangsdeutsch lautet der erste Satz unserer geliebten Weihnachtsgeschichte ungefähr so: „Damals befahl der Kaiser Augustus, alle Steuerpflichtigen im Zuständigkeitsbereich des Prokurators Quirinius zu erfassen.“ Gemeint ist der Teil des Imperiums, zu dem auch die Heimat Jesu von Nazareth und sein Geburtsort Bethlehem gehören.
Augustus, das ist sicherer Boden der Geschichte. Augustus, gegen ihn sind die Herren Obama und Putin wahrscheinlich Sterne zweiter oder dritter Größe. Typen wie Augustus, geboren als Octavian und Kinofreunden aus jedem Kleopatra-Film bekannt, gibt es in der aufgeschriebenen Menschheitsgeschichte wirklich nur eine Handvoll. So einer hat seine Hand im Spiel, als sich die Geschichte der Heiligen Nacht zusammenbraut. Nach einem recht blutrünstigen Aufstieg bemüht sich der Gründungskaiser des römischen Kaiserreiches in späteren Jahren um den Nachruhm als Friedensbringer. Trotzdem ist ihm schnuppe, wie viel Not seine Verwaltungsmaßnahmen über anonyme Menschen bringen, die ihm nie über den Weg laufen werden.
Der Original-Heiligabend findet nicht statt im politischen Niemandsland. Ganz in Gegenteil: einer ganz oben bemächtigt sich des Alltags der kleinen Leute. Und einer nicht ganz so weit oben, dort wo oft die Gefährlichsten sitzen, einer mit Namen Herodes wird das Kind nach schlimmster Tyrannenmanier in einer blutigen Rasterfahndung zu liquidieren versuchen.
Die Übermacht der Mächtigen, die sich für die Herren der Geschichte halten, die ohnmächtige Resignation wecken in den Seelen ihrer Untertanen und Opfer, sie schafft erst die Akustik für den höheren Chor über dem Feld von Bethlehem: „Ehre sei Gott in der Höhe, und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“
Ihr Machtlosen und ihr Mutlosen, um euretwillen meldet sich der gerechte und barmherzige Gott zurück in der Geschichte. Kein Herrscher kann dauerhaft an seine Stelle treten, kein Krieg darf als Kreuzzug heilig gesprochen werden – und jeder Mensch ist frei, das Reich zu wählen, dessen Bürgerin oder Bürger er sein will. Das bedeutet der Ausdruck „Menschen seines Wohlgefallens.“
Der Original-Heiligabend hat nicht stattgefunden im politischen Niemandsland. Und das Leben des Jesus von Nazareth erst recht nicht. „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott was Gottes ist.“ Aber wenn es um Liebe und Vergebung, um Gerechtigkeit und Frieden geht, dann muss man Gott mehr gehorchen als den Menschen. Diesbezüglich hat Petrus, der Jünger, seinen geliebten Jesus schon verstanden – auf den Punkt. Sein wagemutiger Satz vor Gericht sollte auch unser Satz sein: „Man muss man Gott mehr gehorchen, als den Menschen“, wenn christliches Weihnachten sich lohnen soll.
Auch der Heiligabend 2013 findet nicht statt im politischen Niemandsland. Einfach deshalb, weil das Kind in der Krippe durch seinen Kreuzestod und den Ostermorgen für uns zum Auferstandenen, zum Christus geworden ist, zum Wegbegleiter durch unsere Zeit – zum Bürgen für die Wertstabilität der Weihnachtsbotschaft.
So gesehen ist der Heiligabend 2013 ein vollwertiger Original-Heiligabend, für unser Leben nämlich. Ein Tag, an dem uns natürlich klar ist, welche übermächtigen irdischen Mächte an unserem Leben zerren – blank polierte und lorbeerbekränzte, wie seinerzeit der Kaiser Augustus, oder auch verbrecherisch skrupellose vom Typ Herodes. Wir wissen sogar, dass jene, die über unser Leben und über unsere Seelen verfügen wollen, nicht exklusiv in Regierungszentralen sitzen. Sie sitzen auch in den Kathedralen des Mammon; in den Hauptquartieren von Wirtschaftsimperien; dort, wo Wünsche geweckt, Gefühle manipuliert und Vorurteile gezeugt werden. Viele, die viel wissen über Augustus 2013 und Herodes 2013, meinen in unseren Tagen in Abgründe zu blicken.
Aber Gottes weihnachtliche Lebensansage bleibt das Geschenk auch dieses Abends. „Ehre Gott in der Höhe“ – damit keine Macht auf Erden sich unseres Gewissens bemächtigen kann. „Frieden auf Erden“, weil er mit Gottes Hilfe und nach Gottes Willen menschenmöglich ist, von der Nachbarschaft bis auf die wirtschaftlichen und kriegerischen Schlachtfelder unserer Tage.
Und du bist frei, den Rang eines Menschen zu wählen, der seinem Gott Freude macht, auf dem sein Wohlgefallen ruht – weil du dazu beiträgst, dass Gottes Wille geschieht auf Erden. Wie das geht, das lebt Jesus uns vor – und er traut es uns zu.