Fastenaktion 2013
Nein, mit einem unverhofften Bissen Pferdefleisch bin ich wirklich nicht in Panik zu versetzen. Obwohl mein Vater im vertrauten Kommandoton dekretiert hatte: „Auf meinen Tisch kommt kein Deichselhirsch.“ Meine Mutter hat nicht mehr gewagt, das schöne Stück als Sauerbraten zuzubereiten, damals 1947, als Schmalhans Küchenmeister war. Ihr blieb nichts anderes übrig, als das kostbare Pferdefleisch dem Diakon unserer Flüchtlingsgemeinde zu schenken.
Zu meinem Erwachsenenleben im Ruhrrevier gehörte dann aber unweigerlich die Begegnung mit dem ganz alltäglichen Angebot der Ross-Schlächtereien. Es gab sie in jeder Stadt zwischen Dortmund und Düsseldorf. Wir waren keine Kunden. Aber diese Spezialgeschäfte waren ein Stück Heimatkunde, wie Bergmannskapelle und
Hautnah wurde die Sache erst, als wir einen der ersten deutsche Eine-Welt-Läden direkt neben Hernes Ross-Schlächter eröffneten. Im gemeinsamen Hinterhof mussten wir schon mal beim Transport unserer Kartons mit fairem Kaffee über blutiges Pferdegebein steigen. Soweit mein etwas rustikaler Erfahrungsschatz in Sachen
Der gleichsam völkerverbindende EU-weite aktuelle Skandal um Rindfleisch-Lasagne mit Pferdefleischfüllung hat für mich deshalb wenig kulinarisch Schockierendes. Was mich schockiert, ist die Vermutung, dass die Rösser vom Balkan einen schrecklichen Todesweg durchlitten haben müssen. Solange es darum geht, auf Rennbahnen oder Turnierplätzen gewaltige Siegprämien abzuräumen, werden Pferde mit wahren Luxusgefährten samt Servicepersonal durch die Lande gefahren oder auch gleich in die Luft geschickt, der kürzeren Reisezeiten
Schlachtviehtransporte, zumal solche mit kriminellem Hintergrund können für stressanfällige und leidensfähige hoch komplexe Geschöpfe die Hölle sein. Wer es nicht schon weiß, frage Freiwillige, wie die Frauen und Männer der „Animals Angels“. Die riskieren was und begleiten – natürlich unwillkommen – Schlachttiere auf ihren letzten Wegen durch Europa. Ihre Dokumentationen sind ebenso schrecklich wie unwiderlegbar. Pferde, so viel steht fest, gehören durch die Gegebenheiten des Marktes zu den Tieren, die besonders oft unter grauenvollen Bedingungen quer durch Europa zu den Schlachthöfen gekarrt werden. Rumänien – Frankreich wäre so ein Fall, falls die Tiere lebend zum Verarbeiter geschafft worden
Unsere Rolle in dem bösen Spiel liegt auf der Hand. Ohne uns geht nichts. Ohne den Käufer, der am Ende die Lasagne aus der Kühltruhe nimmt, kann der cleverste Betrug nicht funktionieren. Und wie schon die Kleinen in der Sesamstraße lernen: „Wer nicht fragt, bleibt dumm.
Wer dort einkaufen geht, wo keine glaubwürdigen Siegel einigermaßen für faire und lebensgerechte, sprich biologische Produktionsbedingungen von Lebensmitteln garantieren, dem bleibt nur das Fragen. Also fragen, immer wieder einmal fragen. Das hilft, auf die Dauer. Erst Fragen macht den Kunden irgendwann zum König. Riskieren wir´s!