Die spinnen die Japaner, aber mächtig! Nein, nicht die Leutchen in der Tokioter U-Bahn und auch nicht der Mann von der Imbissbude à la Japan. Milde gesagt, spinnen tun die Manager und Politiker, die sich für Stimmung, Traditionspflege und die Bilanzen der gehobenen Gastronomie Nippons verantwortlich fühlen. Diese Herren, ggf. auch Damen, hauen jetzt dem Rest der Welt die Mitteilung um die Ohren, man werde Ende 2015 den „wissenschaftlichen“ Walfang in einer erweiterten Region rund um die Antarktis wieder aufnehmen. Dem Zwergwal, Balaenoptera bonaerensis, soll es verstärkt an die Pelle gehen. Eine erhöhte Abschussquote soll dann wohl gesteigerte wissenschaftliche Erkenntnis bringen; vielleicht über die Wirkung von Zwergwalfilet auf den Erfolg von Exportverhandlungen für japanische Autos? Dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag, der Japans Walfang im Frühjahr 2014 wegen seines tatsächlich kommerziellen Charakters verboten hatte, wird man zum Trost vielleicht ein Fäßchen Reiswein zustellen lassen, nach dem Motto „Nicht übelnehmen!“
Wäre ich ein von japanischem Forscherdrang Betroffener, ein männlicher Zwergwal also, mit immerhin bis zu 10 Metern Körperlänge, ich würde mir gewiss nicht allein um die Harpunenschiffe unter der roten Sonne Sorgen machen. Ich hätte längst mitbekommen, dass mit unserem Täglichen Brot, dem zirkumpolaren Krill, etwas nicht mehr stimmt. Klimawandel, Meeresverschmutzung, in Menschensprache übersetzt. Aber dass diese Leute uns totschiessen müssen, um wirklich Wichtiges über uns zu erfahren? Welcher Wal soll das glauben – nachdem wir und ihr Menschen uns schon ein paar tausend Jahre lang auf hoher See begegnen und beobachten? Und welcher Mensch, der auch nur eine bescheidene Portion Biologie und Ökologie intus hat?
Nein, sie spinnen wohl wirklich, die Propagandisten und Nutznießer der japanischen Walschlächterei. Die Handvoll Häppchen-Liebhaber unter respektablen 128 Millionen Japanern werden sich umstellen müssen – so wie aus verschiedenen Gründen schon manches Wildtier von menschlichen Speisekarten verschwunden ist. Bärenschinken ist schon lange out. Als nächstes vielleicht der Epauletten-Flughund, Epomorphorus gambianus, ein beliebter Snack auf Westafrikas Frischfleischmärkten; nur eben auch Transporteur des Ebola-Virus über Ländergrenzen hinweg. Na ja, und mein früher so geschätztes Rotbarsch-Filet ist längst wegen Überfischung der Fanggründe zum no-go geworden.
Die spinnen, die Japaner! Aber nicht nur sie. Nationale Bockigkeiten angesichts einer kopfschüttelnden Menschheit werden unter mancher Nationalflagge zelebriert. Beispiel gefällig? Alle Welt findet Geschwindigkeitsbegrenzungen im Autoverkehr sinnvoll und notwendig, aus einer ganzen Latte von Gründen. Nur ein Völkchen unter dem Banner Schwarz-Rot-Gold hält dagegen als gälte es, den letzten Hort der Freiheit auf Erden zu verteidigen. Reichlich ein Prozent gegen den Rest der Welt!
So kann ich den vernünftigen und zukunfts-zugewandten Zeitgenossinnen und Zeitgenossen nur guten Mut wünschen – egal welche spinnerten Extravaganzen sich ihre nationalen Gesellschaften unbedingt leisten zu dürfen meinen. Alles Gute, vorsorglich 193 mal, wenn denn die Mitgliederliste der UNO noch stimmt!
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