Fastenaktion 2013, 15. März
„Curiosity/Neugier“, der Name gefällt mir! Neugierig ist natürlich nicht die Maschine auf dem fernen Mars. Neugierig, stellvertretend für viele von uns, hier unten sind die Ingenieure, die „Curiosity“ an der langen Leine in extraterrestrischen Gesteinswüsten spazieren führen – fast wie der Herr Stadtinspektor i.R. seinen „Waldi“. Einem wie mir, der die Gattungsbezeichnung homo sapiens wegen zweier linker Hände nicht ganz zu Recht führt, macht so ein Programm schon mächtig Eindruck, allen nahe liegenden Einwänden zum Trotz.
Seit ein paar Tagen herrscht bei den Herrchen und Frauchen von „Curiosity“ helle Aufregung. Und sie liefern uns reichlich Futter zum Nachdenken. Das ferngesteuerte Labor hat ein paar Marsbrocken zerbröselt und nachgeschaut, was drinnen steckt. Die Ergebnisliste erinnert einstweilen wenig aufregend an den Chemieunterricht in fernen Schülertagen: u.a. Schwefel, Stickstoff, Phosphor, Kohlenstoff. Toll, und was sagt mir das? Die Leute vom Fach schütteln den Kopf über meine und vieler Zeitgenossen Unwissenheit. Das sind etliche der wichtigsten Baustoffe des Lebens. Auf dem Mars befindet sich eine komplette Baustoffhandlung der Schöpfung. Und die Kosmos-Biologen sind sich recht sicher, dass auf dem Roten Planeten irgendwann angemessene Bedingungen für Lebensprozesse nach unserem Verständnis geherrscht haben müssen. Das Mars-Wasser, auch das ein Rückschluss des „Curiosity“-Teams, sei womöglich so einwandfrei gewesen, dass man es freiweg hätte trinken können. Nur zehn Hektoliter davon, und wir hätten die Grundlage für das teuerste Bier aller Zeiten.
Nun ist der Mars allernächste Nachbarschaft, so wie Müllers eine Tür weiter. Da mögen sich schon mal Ähnlichkeiten ergeben. Aber was „Alma“, das riesige Radio-Observatorium, wenige Tage nach dem „Curiosity“-Befund meldete, hat nichts mehr mit Nachbarschaft zu tun. Da gibt es eine junge Sonne, 400 Lichtjahre von hier. Der sind die Astronomen indiskret näher getreten. Und dabei haben sie in ihrem Vorgarten Zuckermoleküle entdeckt. Moleküle, das sind schon keine Grundstoffe mehr, wie die vom Mars. Moleküle sind komplexe Gebilde; im Fall von Zucker solche, die aus Lebensprozessen nicht wegzudenken sind. Wo es Zucker gibt, da kann´s losgehen, im Prinzip!
Gott-sei-Dank muss ich jetzt niemandem erklären, wie naturwissenschaftliche Eierköpfe ein paar Zuckermoleküle über kosmische Distanzen analysieren. Per Geschmacksprobe ja wohl kaum. Unterstellt, ihre Meldung hat Hand und Fuß, habe ich ohnehin genug damit zu tun, mein Weltbild zu sortieren, ggf. zurechtzurücken.
Ich bin ja aufgewachsen, habe gelebt mit dem Bekenntnis, Erde und All seien das Werk des Schöpfers. Und so, wie es sei, habe er es für „sehr gut, summa cum laude“ empfunden. Nachbesserung unnötig und unmöglich. Schauplatz von Leben und Sterben sei die Erde. Dass die, kosmisch betrachtet, ein gefährdeter Lebensraum ist, haben schon die alten Glaubenden gewusst und bildhaft ausgedrückt, als sie die Schöpfungsgeschichten niederschrieben.
Mit der Vereinbarkeit von Schöpfungsglauben und Geschichte der Evolution habe ich nie ein Problem gehabt. Nicht wegen irgend einer besonderen Erkenntnis. Diesen Frieden verdanke ich allein der Bewunderung für die unglaubliche Sensibilität, mit der Menschen lange vor unserer naturwissenschaftlichen Epoche die wesentlichen Zusammenhänge des Lebens beschrieben haben. Sie haben die biologischen Kausalketten aufgespürt und die Verantwortlichkeiten unzweideutig benannt. Aber vorstellbarer Aufenthaltsort von Adam oder Eva konnte doch immer nur ein Platz „unter der Himmelsfeste“ sein: „..und bliebe ich am äußersten Meer, so würde mich doch deine Hand dort führen“ (Psalm 139)
Wie also umgehen mit den jüngsten und künftigen Meldungen der Kosmos-Biologie? Egal, ob es ein, zwei, drei oder ziemlich unzählige Orte geben sollte, die bio-chemisch-physikalisch Startbedingungen für Lebensprozesse geboten haben, bieten oder lange nach unserer Zeit bieten werden: Schöpfer ist Schöpfer. Seine frappierende Ähnlichkeit mit dem homo sapiens entlarvt sich freilich ein weiteres Mal als Ausdruck unserer Sprachlosigkeit. Das 2. Gebot „Du sollst dir kein Bild von Gott machen“ ist uralt und top-modern! Umso wichtiger, umso unentbehrlicher muss uns Jesus sein, dessen Seele offen war für alles, wodurch der unendlich ferne Gott unser Nachbar werden möchte.
Und wenn die curiosity/Neugier allzu sehr an unserer Phantasie zerrt, an unserer seelischen Energie, so sehr, dass wir irdische Verantwortung links lassen lassen, weil da draußen doch irgend etwas oder irgend jemand sein könnte? Dann zügelt uns vielleicht die zweite Bedeutung des englischen Wortes curiosity. Curiosity heißt nicht nur Neugier, sondern – je nach Zusammenhang – auch Rarität. In den Grenzen unserer siebzig, achtzig Jahre erweist sich irdisches Leben als Rarität.
Für dieses Leben, für seinen Schutz durch Liebe, Recht und Vernunft einiges zu riskieren, bringt eine sichere Dividende. Eine Dividende für das Leben!