Mubende! Nie gehört? Verständlich und kein Grund für schlechtes Gewissen! Aber genau auf diese Unwissenheit setzen sie: Funktionäre der Regierung des afrikanischen Uganda und mehr noch die Verantwortlichen beim Hamburger Kaffeeunternehmen Neumann. Neumann, in jedem Großstadt-Telefonbuch ist das eine lange Namensliste. Aber Kaffee-Neumann ist unter all unseren Neumännern womöglich der mächtigste und wichtigste. Denn die Neumann-Kaffee-Gruppe verkauft uns Trinkern nicht das einzelne Tütchen Röstkaffee. Neumann ist der Platzhirsch hinter all den Kaffeeketten, die tagtäglich um unsere Gunst buhlen. Neumann ist einer von ganz wenigen, die in der Wertschöpfungskette Kaffee von der Plantage über den Transport, die Rösterei, den Großhandel die Strippen ziehen.
Soviel zu Neumann. Da ist die Kaweri-Großplatage bei Mubende/Uganda, 25 qkm groß, nur ein Projekt unter vielen. Den Job vor Ort besorgt eine Tochterfirma. Geschäftspartner war und ist die Regierung Ugandas. Sie hat 2001 das Land an Neumann verpachtet. Der Haken: bei der Mietsache handelt es sich nicht um ein Stück Wald, aus nun Affen und Vögel verschwinden müssen. Das wäre schon schlimm genug! Stattdessen mussten vier Kleinbauerndörfer mit 4.000 Menschen, samt ihrem Ackerland verschwinden, damit der deutsche Investor zum Zuge kommen konnte. Eine Größenordnung, wie wir sie in Deutschland eigentlich nur aus dem Braunkohle-Tagebau kennen. Dort führt die Beeinträchtigung vieler Existenzen zu langjährigen Gerichtsverfahren, u.a. um angemessene und existenzsichernde Entschädigungen.
In Uganda hat der Staat die störende Landbevölkerung samt ihren Dörfern einfach mit schwerem Gerät abgeräumt. Natürlich war das mit allerlei Versprechen von Arbeitsplätzen und Entschädigungen verbunden. Nichts davon ist in nunmehr 14 Jahren auch nur annähernd eingelöst worden. Die deutsch-ugandische Kaffeeplantage ist von verelendeten, ehemals erfolgreichen Kleinbauern umgeben. Trinkwasser, ausreichende und gesunde Nahrung, Gesundheitsdienst, Schulbildung, nichts davon ist in akzeptablem Zustand. Und einfach mal bei der Arbeitsagentur vorbei schauen wegen einem neuen Job oder ersatzweise Hartz IV, diesen lebensfremden Rat kann wirklich nur ein Bundesbürger geben
Wer es genauer wissen will, frage nach bei der Internationalen Memschenrechtsorganisation FIAN. Sie kämpft für das verbriefte Menschenrecht, sich zu ernähren und ist ein bewährter Partner der Eine Welt-Hilfswerke unserer Kirche, z.B. der Aktion Brot für die Welt.
Einer meiner Enkel ist gerade vierzehn. Ich kann mich noch gut an den ersten Besuch am Babybettchen erinnern. Aber es ist sehr viel passiert seit damals, ein ganzer Lebensabschnitt. Heute gräbt der Bursche unseren großen Garten um. Vierzehn Jahre sind auch in der Erinnerung meiner Kriegsgeneration eine gewaltige Strecke. Von der Flucht als Fünfjähriger, über die Währungsreform, den ersten WM-Stern 1954 bis zum Dienstantritt von Fidel Castro auf Kuba und meine ersten Semestern.
Vierzehn Jahre sind eine schrecklich lange Zeit, wenn Entrechtung, Hoffnungslosigkeit und Verelendung deine ständigen Begleiter sind. Darum dürfen die Leute von FIAN mit ihrer Langzeitkampagne zum Neumann-Kaffeeskandal von Mubende nicht allein gelassen werden.
Kaffee, sagt ein Abhängiger wie ich, ist ein recht privates, fast intimes Genussmittel. Aber nur, wenn er zugleich das Aroma der Gerechtigkeit verströmt.
Manches haben wir diesbezüglich auch beim Kaffee-Großverbraucher Kirche dazu gelernt. Aber verbindlicher fairer Einkauf ist nur ein allererster und recht müheloser Schritt. Skandalöse Rechtsbrüche, Langzeit-Verelendung Abertausender zugunsten eines Deals zwischen deutschem Kaffee-Giganten und afrikanischer Machtelite können wir nicht auf sich beruhen lassen. lDeshalb hoffe ich darauf, dass bei FIAN Deutschland in Köln viele Anrufe und emails eingehen mit der Frage, was Kirchengemeinden zur Überwindung des Kaffeeskandals von Mubende beitragen können. Bekanntlich lebt unsere Kirche ja von der Botschaft Jesu – und vom Kaffee!