Fastenaktion 2013
Ordnungsgemäß angekündigt war das Monstrum „2012 DA14“. Doch mir ist es gegangen, wie den meisten Leuten: die Notiz, irgendwann vor ein paar Monaten, war längst vergessen. Der Asteroid kam pünktlich, auf Minute und Sekunde. So wahr die Himmelsmechanik funktioniert, war er nicht zu verscheuchen wie ein Schwarm Amseln, der an meine Kirschen will. Der Menschheit auf den Kopf fallen würde er aber auch nicht, das war klar. 28.000 Kilometer Sicherheitsabstand: in meinen autolosen Privatverhältnissen sind das zwar nur etwa fünf Jahre Radfahren. Aber knapp vorbei ist Gott-sei-Dank auch vorbei. Seine Wiederkehr im Jahr 2046 muss ich mir nicht mehr vormerken.
Trotzdem, gestern Abend war Zeit zum Staunen, welche unfassbaren, unbeherrschbaren Kräfte unser zerbrechliches Leben mitsamt der ganzen irdischen Biosphäre umgeben. Dieser kosmische Brocken ist ja eher unscheinbar. In jedem nicht zu kleinen Badesee würde er auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Aber seine Bewegungsenergie verleiht ihm eine Zerstörungskraft, die an das geballte Arsenal der Atommächte erinnert.
Welcher Regisseur, um Himmelswillen, hat da gestern in seine Trickkiste gegriffen, um den Dicken, der im Dunkel des Nachthimmels unsichtbar geblieben ist, etwas begreiflicher zu machen? Dieses Feuerwerk über dem sibirischen Tscheljabinsk, allenfalls eine kosmische Wunderkerze! Nur ein außerirdisches Trümmerstückchen, wenige Tonnen schwer, dessen Splitter wir mühelos nach Hause tragen könnten. Aber es erzeugt ein Bumm, eine unglaubliche Lightshow, einen Scherbenhaufen und einen Ansturm auf die Ambulanzen der Großstadt. Etwas wissen, etwas wissen können und etwas sehen sind für uns Augenwesen eben Zweierlei.
Ja, wir riskieren was mit unserem Leben auf dem Blauen Planeten. Und wir wissen weder Zeit noch Stunde, auch was kosmische Ernstfälle für unsere unersetzliche Heimat angeht.
Die Liebesgeschichte zwischen unserem Gott und seinen Menschen, in der Bibel geschildert, wirkt auf uns uralt. Dabei umspannt sie, alle Anfänge mündlicher Überlieferung mit gerechnet, vielleicht 150 menschliche Generationen. In der Geschichte des Lebens ein Wimpernschlag. Es macht keinen Sinn zu leugnen, dass irdisches Leben – und anderes kennen wir nicht – unendlich lange vor der Zeit der Säugetier-Klasse – mit uns als Klassensprechern – durch furchtbare Krisen gegangen ist. Ursachen waren kosmische Kollisionen, deren Spuren als Narben in der Haut unserer Erde unübersehbar und unmissverständlich sind. Wären die Giganten ihrer Epoche nicht den Katastrophentod gestorben, vielleicht hätten die eher mickrigen Unterholzbewohner am Fuß der Säugetierpyramide niemals freie Bahn zu ihrer Evolution bekommen.
Die längste Zeit des Lebens hat die Schöpfung also ohne Gotteslob existiert. Stopp: ohne Gotteslob, wie wir es kennen und an den glücklichen Tagen unseres Lebens auch lieben. Die mit Klugheit gesegneten Überlieferer der Schöpfungsgeschichten bringen ja unnachahmlich zum Ausdruck, dass unser Gott auch die vor-menschliche Schöpfung schon ins Herz geschlossen hatte. Wer sich vergewissern möchte, dass sich zwischen dem Schöpfer und allen seinem Geschöpfen etwas abspielt, der erinnere sich nur daran, wie Jesus über Blumen und Spatzen redet oder gönne sich einschlägige Psalmen.
Lebensfreude hat, wie der Name sagt, ihren Platz zwischen Geburt und Tod. Wenn denn die gesamte Schöpfung zur Freude fähig ist, muss für sie wohl dasselbe gelten. Die naturwissenschaftlichen Indizien deuten darauf hin.
Aber dazwischen, zwischen Geburt und Tod von beiden, der ganzen Schöpfung und mir, dem einzelnen Menschenkind, gilt dieser Lebenspakt auf Gegenseitigkeit: „Solange die Erde steht, sollen nicht aufhören Saat und Ernte; Frost und Hitze; Sommer und Winter; Tag und Nacht.“
Wir werden den Himmel weiter gründlich absuchen, um Bescheid zu wissen. Aber vor allem dürfen wir auf Erden nicht riskieren, unseren Lebenspakt zur Unzeit aufs Spiel zu setzen.