Für seine Zeitgenossen muss Mauritius, der heilige schwarze Ritter, ein starker Typ gewesen sein. Schon damals, so um 1250, lag sein legendärer Märtyrertod schon fast ein Jahrtausend zurück. Aber ein Schwarzer als hoher römischer Militärbefehlshaber, als Heiliger der einen Kirche – Jahrhunderte vor der Reformation – als Schutzpatron des ottonischen Kaiserhauses, mehr Superstar geht kaum!
So empfängt er heute noch die Touristenströme im Magdeburger Dom, als 750 Jahre alte Skulptur mit pechschwarzem Gesicht und in erstklassiger Rüstung. Zu all seinen Jobs hat er 1988 noch das Namenspatronat über die erste und einzige zu Zeiten der DDR dort ins Leben gerufene „Ökumenische Werkstatt“ übernommen, eben unser Mauritiushaus in Niederndodeleben. 25 Jahre danach sprechen Gäste und Einheimische weder vom denkmalwürdigen Pfarrhaus von Niederndodeleben, noch ist der Arbeitstitel „Ökumenische Werkstatt“ in Gebrauch geblieben. Mauritius, zu deutsch Moritz, hat sich durchgesetzt.
Worüber ließe sich heute mit Moritz diskutieren oder auch streiten? Als Schutzheiligen der Kriegsdienstverweigerer – wozu er gelegentlich ernannt wurde – halte ich ihn eher für eine Fehlbesetzung. Der Legende nach Kommandeur einer in Ägypten vor allem unter Christen ausgehobenen römischen Legion, haben er und seine Leute den Befehl verweigert, als sie während der letzten großen Christenverfolgungen in der Alpenregion zur Unterdrückung von Christen eingesetzt werden sollten. Die ganze Legion, mehr als 6000 Mann, soll diese Befehlsverweigerung nach und nach mit dem Märtyrertod bezahlt haben. Die Reliquien dieser christlichen Krieger waren darum im Mittelalter immer reichlich im Handel.
Und ihr Kommandeur wurde zum Urbild des christlichen Befehlshabers, Schutzpatron für christliche Herrscher, die gegen Heiden zu Felde zogen. Mauritius, eine Stütze christlicher Kriegsmacht! Würde der schwarze Christengeneral mit seinem Bekennermut heute bei denen sein, die sich jeder Waffengewalt, jedem Blutvergießen in der Menschheitsfamilie in den Weg stellen? So wie er seinerzeit dem Blutvergießen an seinen Glaubensgeschwistern? Uns Christinnen und Christen ist nach den Kriegen des 20. Jahrhunderts und der Gegenwart ja eine bitter erkaufte Horizonterweiterung des Glaubens zuteil geworden. Frieden ist Christenpflicht!
Aber der schwarze Heilige taugte in der späten DDR mit ihren isolierten afrikanischen Vertragsarbeitern und der recht heuchlerischen Völkerfreundschaft wohl vor allem als Anwalt der Menschenwürde und der Menschenrechte seiner fernen afrikanischen Nachkommen. Ein Botschafter der Einen Welt, der sich nicht gängeln und nicht ausweisen ließ, weil er schon seit 750 Jahren da war.
Der Wille, die Entschlossenheit, unsere Mitmenschen in den Kontinenten des Südens, in den Armutsregionen der Erde zu Wort kommen zu lassen; sie möglichst oft leibhaftig zu treffen; sich mit ihnen zu verbünden im guten Kampf um Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung, dafür steht unser Namenspatron. Heute steht ihm das T-Shirt besser als die Rüstung.