Mutiger Pfarrer gesucht! Die Zeitung mit den vier Buchstaben betätigt sich wieder mal als Nothelfer. Pfarrer finden sich zwar flächendeckend im Telefonbuch, unter K wie Kirchen, und dann nach Gesangbüchern geordnet. Aber wer von diesen Damen und Herren hat außer frommen Worten auf den Lippen auch noch Mumm in den Knochen?
So ein Exemplar wird gesucht. Nein, nicht um einen Geiselnehmer zur Vernunft zu bringen oder einem prügelnden Ehemann den Kopf zurecht zu rücken. Der neckische Notfall: in einem Kleinzoo in Baden-Württemberg sollen drei kleine Braunbären „getauft“ werden. Wozu man anderenorts in der Republik einen Sponsor oder einen leidlich Prominenten heranziehen würde, das darf im noch vergleichsweise volkskirchlichen Südwesten ein Religionsdiener erledigen. Wobei die Sache mit dem Mut ein lupenreiner PR-Gag ist. Die Bärenmutter bleibt sorgsam weggesperrt. Hochwürden muss die hoffentlich vitalen Bärchen, ausgestattet mit Milchzähnen und nicht einziehbaren Krallen noch nicht einmal an seinen Talar drücken. Die Tierpflegerin weiß mit Sicherheit, wie sie die kleinen Petze hin- und festhalten muss. Der Täufer muss lediglich mit einer Kanne voll – ja, voll von was? Neckarwasser? Bier? Badischer Wein? – Taufflüssigkeit zu Werke gehen. Und eine Taufformel, die braucht er auch.
Unser hiesiger Pfarrer, ein handfester Bursche, wäre von Amts wegen angehalten, zu sagen: „Ich taufe dich im Namen des Vaters, und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Diese Taufformel ist, wie man heute zur Abkürzung von Diskussionen gern sagt, alternativlos. Nun ja, als Kinder haben wir die Taufen in der Barackenkirche unserer Flüchtlingsgemeinde am Mühlbach gern einmal nachgespielt. Als Täuflinge kamen einarmige Puppen oder abgewetzte Teddybären in Frage. Die durften wir natürlich nicht mit der gottesdienstlichen Taufformel nass machen. Ich erinnere mich an Sprüche wie „Ich taufe dich mit Kaffeesatz. Du bist ein alter Schweinematz.“
Was wir als Sieben- oder Achtjährige als Tabu empfunden haben, steht wohl auch 2012 der Suche nach einem pfarramtlichen Bärentäufer entgegen: die christliche Taufe ist ein Segen und eine Herausforderung speziell und exklusiv für Menschen. Denn nur wir können durch willentliches Tun und Unterlassen das Lebensziel verfehlen, dass der Schöpfer uns gesetzt hat. Weder die drei Bärenjungen, noch alle anderen tierischen Mitgeschöpfe – wie nah oder fern von uns sie am Stammbaum der Evolution zu finden sind – sind eines Bekenntnisses fähig oder bedürftig, wie die Taufe es bedeutet.
Für uns freilich wird ein Schuh daraus, auch wenn es um die Bewahrung der Schöpfung, der Lebensräume und biologischen Lebensgrundlagen geht. Mutige Christenmenschen sind bei den weltweiten harten Interessenkonflikten des Artenschutzes gewiss besser aufgehoben, als bei Zoo-Events mit einer Prise Weihrauch. Also werde ich unserem Pfarrer den Tipp aus der Vier-Buchstaben-Zeitung nicht weitergeben. Ersatz wird sich finden.